Am Anfang stehen oft Begeisterung und Motivation, dann folgen oft Frust und Überlastung. Und doch wollen die meisten der von rudersport Befragten ihr Ehrenamt nicht missen. Offenbar gibt es doch gute Gründe, warum sich so viele in ihrem Ruderverein engagieren.
Das Thema Ehrenamtlichkeit spielt im Ruderverein eine große Rolle. Mit diesem Satz begann das Anschreiben von rudersport zur Umfrage unter Lesern und Abonnenten. Die Antworten zeigen, das Thema brennt. Weit über 100 Antworten haben die Redaktion erreicht. Mehr noch als die Zahl beeindruckt die Ausführlichkeit der Antworten. Und: Dass trotz der Probleme, die die Vorstandsarbeit mit sich bringt und die die Vereine bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen haben, auch ein großes Stück Hoffnung und Zuversicht vermittelt wird, dass das Reservoir an Freiwilligkeit und sozialem Engagement auch im 21. Jahrhundert noch groß genug ist.
Sechs Fragen haben wir unseren Lesern und Abonnenten gestellt. Zunächst wollten wir wissen, was sie generell bewogen hat, sich in ihrem Ruderverein in einem Vorstandsamt zu engagieren. Geantwortet haben uns Männer (65 Prozent) und Frauen (35 Prozent), Vorsitzende (38 Prozent) , Schatzmeister (14) , Bootswarte (11), Trainer und Sportwarte (10), Jugendvertreter (7), Kassenprüfer (5) und weitere Vorstandsmitglieder (15). Fünf wesentliche Motive wurden genannt, bei denen auch Mehrfachnennungen vorkamen, wir in der Auswertung aber stets das hauptsächliche Motiv erfasst haben.
Warum engagieren Sie sich im Vorstand Ihres Vereins?
Ganz oben rangiert das emotionale Engagement für den Verein. Vor allem ehemalige Ruderer und Ruderinnen, die in ihrer Jugendzeit vom Verein profitiert haben, sind heute in Vorstandspositionen, weil sie sich mit dem Verein identifizieren und ihm etwas zurückgeben wollen. Stellvertretend hier die Antwort von Antje S.: „Ich habe eine wunderbare Kinder- und Jugendzeit erlebt im Verein, die meine Persönlichkeit sehr geprägt hat. Der Verein war und ist eine zweite Familie für mich. Das Miteinander, gemeinsame Werte schaffen und nur gemeinsam erfolgreich sein zu können, verbindet Jung und Alt sowie Groß und Klein über viele Jahrzehnte. Diese Möglichkeit möchte ich auch anderen Mitgliedern geben, dafür setze ich mich sehr gern ein.“
Das zweite Motiv ist eher ein persönlicher, aber auch emotionaler Beweggrund: die Freude und Anerkennung, die die ehrenamtliche Tätigkeit bieten kann. Leser Klaus R. bringt diese Haltung mit einem Zitat des Philosophen Immanuel Kant auf den Punkt: „Der Mensch wird mehr froh durch das, was er tut, als durch das, was er genießt.“ Ein ebenso starkes Motiv ist die Verantwortung, die viele Ehrenamtliche empfinden, sei es aus sozialen Gründen oder aus einem Pflichtgefühl heraus. Eine Position, die Leser Bernd E. in seinem Statement ebenso schlicht wie überzeugend zum Ausdruck bringt: „Ich bin der Auffassung, dass sich jeder, der sich für eine Vereinsmitgliedschaft entscheidet, auch bereit sein sollte, ein Amt zu übernehmen.“
Dagegen spielt das Argument „Weil kein anderer da war“ nur eine untergeordnete Rolle. Solch eine passive Amtsübernahme ist meist nicht von langer Dauer, es sei denn, die Freude kommt unverhofft während der Tätigkeit. Dies ist gar nicht so selten, wie die Auswertung der weiteren Motive zeigt: man rutscht so rein und findet Gefallen.
Der zweite Themenkomplex dreht sich um die Motive, warum die Ehrenamtlichen dabeibleiben bzw. ihr Amt aufgegeben haben. Hier die Gründe:
Was motiviert Sie, dabeizubleiben?
Aus welchem Grund haben Sie Ihr Ehrenamt aufgegeben?
Der Antrieb, das Ehrenamt über einen längeren Zeitraum auszuüben, liegt eindeutig im emotionalen Bereich: Anerkennung, Spaß, Kontakt mit Gleichgesinnten und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und den Verein zu unterstützen, bestimmen zu zwei Dritteln die Antworten. Erst die Dauer des Amtes oder der Glücksfall, einen Nachfolger bzw. jüngere Leute mit neuen Ideen gefunden zu haben, beenden meist das Engagement. Ein wenig bedenklich ist das Motiv Demotivation. Ein gutes Viertel der Ehrenamtlichen gibt sein Vorstandsamt auf aus Frust und fehlender Anerkennung.
Womit wir bei den Problemen wären, die sich mit der Ausübung eines Ehrenamtes verbinden. Tenor der Kritik und Unzufriedenheit ist: Viele Mitglieder betrachten ihren Ruderverein als eine Art Dienstleister, bei dem alles zu funktionieren hat. Dies hat Konsequenzen in drei Richtungen: 1. Es mangelt an Mitarbeit seitens der Mitglieder. 2. Der amtierende Vorstand wird zeitlich und inhaltlich überfordert. 3. Die Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, sinkt.
In dieser Ausgabe lesen Sie über die Motive der Ehrenamtlichen, sich für die Vorstandsarbeit zu engagieren und über die Probleme, die sich früher oder später einstellen können. Wobei: Rund zehn Prozent der Befragten antworteten, dass sie keine Probleme haben in ihrem Verein – das sollte zwischen all den Klagen nicht untergehen. In der nächsten Ausgabe stellen wir Ihnen die Gedanken und Ideen unserer Leser und Abonnenten vor, wie sich dennoch Freiwillige finden lassen und welche Bedeutung das Ehrenamt generell im Ruderverein, im Sport und in der Gesellschaft hat. Soviel vorweg: Bei aller Widrigkeit herrscht Optimismus vor und es gibt ein klares Bekenntnis zum Vereinswesen.
Thomas Kosinski