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Leonie Menzel: „ Wir wollen gute Rennen abliefern“

Leonie Menzel spricht im Interview mit rudersport über die Olympischen Sommerspiele, ihre Doppelzweier-Partnerin Annekatrin Thiele und ihre dreimalige Auszeichnung als Düsseldorfs Sportlerin des Jahres.

Frau Menzel, die Olympischen Sommerspiele stehen nun unmittelbar bevor. Erfüllt sich ein Traum für Sie?

Ja. Als wir uns in Luzern qualifiziert hatten, war die Freude einfach riesig. Ich brauchte ein bisschen Zeit, um das überhaupt zu realisieren. Im Bahnverteilungsrennen lief noch einiges schief. Im A-Finale konnten wir allerdings vieles gut umsetzen und mit dem 2. Platz (hinter Russland, Anm. d. Red.) das richtige Ergebnis erzielen. Es war in der Vergangenheit öfter so, dass wir ein Rennen brauchen, um richtig anzukommen. Das soll bei den Olympischen Sommerspielen besser klappen. In Tokio müssen wir vom ersten Rennen an funktionieren. Insgesamt können wir aber mit Selbstvertrauen dorthin fahren.

Mit welchem Ziel blicken Sie und Annekatrin Thiele den Spielen in Tokio entgegen?

Ich möchte das nicht an einer bestimmten Platzierung festmachen. Wir wollen einfach gute Rennen abliefern. Je weiter vorne wir landen, desto besser. Es wäre auf jeden Fall top, wenn wir in das A-Finale gelangen.

Wer sind für Sie die großen Favoriten auf die Goldmedaille?

Ich schätze vor allem die Rumäninnen sehr stark ein. Außerdem würde ich die Neuseeländerinnen dazuzählen, die bei der WM 2019 Gold gewannen. Deren Form ist allerdings schwer einzuschätzen, weil sie bei keinem Worldcup gestartet sind.

War es für Sie ein Vor- oder Nachteil, dass die Olympischen Spiele aufgrund der Pandemie um ein Jahr verschoben wurden?

Ich denke, dass die Verschiebung uns in die Karten gespielt hat. Wir hatten Ende Februar des vergangenen Jahres unseren Einer-Test. Erst danach wurde der Doppelzweier mit Annekatrin Thiele gebildet. Wir hätten lediglich zwei Monate Zeit gehabt, um bis zur Nachqualifikation effektiv miteinander zu trainieren. Nun hatten wir ein Jahr mehr Zeit. Auch ich habe mich weiterentwickelt, bin auf dem Ergo und auch technisch stärker geworden.

Während Sie nun Ihren ersten Olympischen Sommerspielen entgegenblicken, nahm Ihre Doppelzweier-Partnerin Annekatrin Thiele bereits dreimal daran teil, gewann einmal Gold und zweimal Silber. Was zeichnet Sie als Duo aus?

Wir ergänzen uns sehr gut. Sie hat bereits all die Erfahrungen gemacht, die ich noch sammeln möchte. Sie kann der Ruhepol sein und mich vielleicht runterbringen, wenn die Anspannung steigt. Wir sind ohnehin zwei unterschiedliche Charaktere. Annekatrin ist etwas offener und extrovertierter als ich.

Wie geht es für Sie nach den Spielen weiter?

Ich möchte mich danach zunächst einmal auf mein Studium im Bereich medizinische Biologie konzentrieren und eine kleine Pause im Rudern einlegen. Ich werde aber im Hinblick auf Olympia 2024 in Paris weitermachen. Dann werden die Olympischen Spiele hoffentlich völlig frei von Corona stattfinden.

Lassen Sie uns ein wenig über Ihren Werdegang sprechen: Wie entstand überhaupt Ihr Interesse am Rudern?

Ich war damals zwölf Jahre alt. Bei uns in Düsseldorf gibt es jährlich das „Olympic Adventure Camp“. Dort stellen verschiedene Vereine ihre Sportart vor. Mein Verein, also der Ruderclub Germania Düsseldorf 1904, war dort mit mehreren Ergometern vertreten. Das hat mir Spaß gemacht. Also bin ich direkt zum ersten Training gegangen. Ich fand es schön, draußen in der Natur Sport zu treiben und Bestandteil einer Mannschaft zu sein. Das Gemeinschaftliche bereitet mir auch heute noch Freude.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie das Potential für eine erfolgreiche Leistungssportlerin haben?

Ich war bereits bei den Junioren relativ erfolgreich. Im Jahre 2016 gewann ich gemeinsam mit Sophie Leupold Bronze bei der Europameisterschaft. Solche Erfolge motivieren natürlich. Ein Jahr später belegten wir bei der Junioren-Weltmeisterschaft den 2. Platz. Da habe ich gemerkt, dass ich vorne mithalten kann. Der größte Erfolg war für mich bislang die Goldmedaille bei der Europameisterschaft 2019. Damals rutschte ich relativ spontan in die A-Nationalmannschaft. Es war großartig, dann direkt mit Carlotta Nwajide Gold zu gewinnen.

2017 waren Sie noch bei den Junioren, 2018 im U 23-Bereich, seit 2019 in der A-Nationalmannschaft. Inwiefern unterscheidet sich das Rudern in den jeweiligen Altersklassen?

Ich finde, dass die Rennen im A-Bereich noch aggressiver und offensiver gefahren werden. Man muss in jedem einzelnen Rennen seine Leistung abliefern. Wenn man im A-Finale fährt, muss man gleich von Anfang an schnell sein und versuchen, durchzuhalten. Allerdings ist der Konkurrenzkampf auch bei den Junioren oder im U23-Bereich groß. Wenn man zu einer Weltmeisterschaft fährt, in welcher Altersklasse auch immer, ist dies das Größte, was man erreichen kann. Dementsprechend ernsthaft gehen alle Teilnehmer die Rennen an.

Sie waren fast immer erfolgreich. Lediglich der 15. Platz bei der Weltmeisterschaft 2019 im Doppelzweier dürfte für Sie eine negative Erinnerung sein, oder?

Das Ergebnis war natürlich nicht zufriedenstellend. Das war meine erste Weltmeisterschaft im A-Bereich. Dazu muss man wissen, dass meine Partnerin Carlotta Nwajide, mit der ich die Europameisterschaft gewann, krankheitsbedingt ausfiel. Dadurch bekam ich kurzfristig mit Pia Greiten eine neue Partnerin ins Boot. Wir hatten bei der U-23 WM im Jahr zuvor zwar gemeinsam Silber gewonnen. Aber wir konnten an diese Leistung nicht anknüpfen. Trotzdem war es für mich überwältigend zu erleben, wie viel bei einer A-Weltmeisterschaft los ist und wie hoch vor allem auch das Niveau ist.

Sie haben eben berichtet, wie Sie zu Ihrem Verein gestoßen sind. Sie haben auch heute noch eine enge Bindung zu Germania Düsseldorf …

..ja, das ist richtig. Wenn ich in Düsseldorf bin, halte ich mich gerne bei meinem Verein auf. Einfach, weil dort viele Menschen sind, die ich gut kenne. Außerdem setzt sich mein Verein sehr für mich ein. Wann immer ich Unterstützung brauche, wird mir geholfen.

Anfang des Jahres 2020 wurden Sie zum dritten Mal in Folge als Sportlerin des Jahres von Düsseldorf ausgezeichnet. Wie hat sich das angefühlt?

Damit hatte ich gar nicht gerechnet, vor allem nicht bei der ersten Auszeichnung. Ich wurde aufgrund meiner Silbermedaille im U-23 Bereich als Sportlerin des Jahres 2017 ausgezeichnet. Ich freute mich damals total, dass ich überhaupt nominiert wurde. Dementsprechend groß war die Freude. Dies ist auch ein Zuspruch für das Rudern. In Düsseldorf gibt es sehr viele erfolgreiche Athleten verschiedener Sportarten. Dass ich dann insgesamt dreimal Sportlerin des Jahres wurde, konnte ich selber kaum glauben. Das zeigt, wie viel Anerkennung meine Leistung findet.

Das Interview führte Oliver Jensen