Von wegen der Tag nach dem Sturm…. Montag und Dienstag waren gute Ruderverhältnisse, heute dann wehte ein enorm starker seitlicher Schiebewind, der über Bahn 1 reinkommt. Der Wind sorgt für sehr schwierige Ruderbedingungen. Das Wasser ist wellig und sehr unruhig. Die ersten 1.000m sind in den ersten Rennen noch regulär und dann wird es zunehmend schwierig. Auf den letzten 250m ist es auch da schon hochriskant, die Gefahr hängen zu bleiben, einen Krebs zu fangen dominiert das Rudern.
Ausserdem entsteht so ein Bahnunterschied, weil der Schiebewind in die Aussenbahnen 5 und 6 stärker einfällt als auf 1 und 2. So ist es mit der Natur, das trifft die Favoriten auf ihren Mittelbahnen weniger.Das heiße, schwüle Wetter ist auch geblieben, keine Erleichterung durch das vorhergesagte Unwetter. Viele Athleten laufen mit Kühlwesten rum. Alles nicht ideal. Die Medaillen hängen heute für jeden noch etwas höher.

Nach dem Aus der Norweger in der Favoritenrolle: Der Leichte Männer-Doppelzweier mit Jason Osborne und Jonathan Rommelmann (Bug). Bild: D. Seyb
Natürlich ist es ein technischer Fehler, wenn man einen Krebs fängt. Das gehört zum Rudern dazu und der Druck der Gegner erhöht die Gefahr. Aber wenn es sehr wellig ist, fängt irgendwann jeder Krebse und es kommt mehr darauf an, wer weniger Fehler macht. Das ist dann endgültig nicht mehr das, worum es in einem olympischen Finale gehen sollte. Ab einem gewissen Wellenniveau ist es dann auch nicht mehr so sehr ein individueller Fehler als vielmehr das Pech, das die eine Welle gerade noch etwas ungünstiger angelaufen war und dann den Krebs forciert.
Im olympischen Finale will man eigentlich die Schönheit genießen und kein Rummgestolper durch die Wellen mitansehen. Wer will schon gewinnen, weil sein Gegner das Pech hatte, den entscheidenden Krebs zu fangen? Im ersten Rennen des Tages bei gerade noch regulären Bedingungen, sind Leonie Menzel und Annekatrin Thiele prima mitgefahren, fielen dann aber auf den letzten Metern im Sprint des Feldes zurück auf Platz 5 im Finale B, also insgesamt ein 11. Platz. Bahn 1 hat hier nicht geholfen. Australien gewinnt aber auf Bahn 2, nachdem sie am Start liegen geblieben und direkt zurückgefallen waren. Ein Boot, das auch im Finale A hätte mitfahren können. Eine 3/4 Länge hinter Australien kommen Frankreich, Italien und Tschechien im Zielsprint innerhalb eines Bugkastens ein. Die deutschen eine Bootslänge dahinter, ein halbe Länge vor Russland.
Marc Weber und Stephan Krüger sind auf Bahn 5 gut ins Rennen gekommen, fahren deutlich hinter den führenden Russen und Neuseeland im Schlussspurt um Rang 3 mit. Den Sprint können sie nicht für sich entscheiden und werden fünfte, also ebenfalls 11te insgesamt, hinter Rumänien im Fotofinish mit Irland, und vor Litauen. Im dritten Finale B mit deutscher Besetzung, im Männer-Doppelvierer, ist Deutschland auf Bahn 4 gut gestartet und fuhr zunächst mit einer Länge hinter China her, knapp hinter Norwegen, gegen die man die letzten Rennen verlor, eine halbe Länger zurück Litauen. Auf dem letzten Abschnitt als Wind und Welle zunahmen, können sie sich wieder an Norwegen ranschieben und im Sprint kommen sie vorbei. Im Ziel sind sie eine knappe halbe Länge hinter China zweite, einen Bugkasten vor Norwegen, also 8te der Gesamtwertung. Ein beherztes Rennen in dem es immerhin im Sprint gut lief und das unter schwierigen Bedingungen.
Ein Krebs beendet die Medaillenträume
Nach den noch regulären Bedingungen bis hierhin, frischte der Wind immer weiter auf, sorgte für viele Fehler in vielen Booten, inklusive Kentern. Zudem schob es die Boote nach Backbord, so dass auch das Steuern eine kritische Größe wurde. Aber, es fielen auch viele Bestmarken, gerade bei den Leichtgewichten.
Im Finale A des Frauen-Doppelvierer kommen Schultze, Kampmann, Nwajide, Kämmerling gut raus, bleiben an China dran, lösen sich vom Feld, fahren weiter und weiter raus. Schon nach 600m haben sie eine klare Führung vor dem Feld, vor Polen und Holland. China beginnt nun sich zu lösen und fährt eine weitere Länger heraus. So geht es über die Strecke, das Wasser wird immer unruhiger, ein wackliger, gefährlicher Parcours mit aggressiven niedrigen Wellen. Der Wind schiebt immer mehr von hinten. China stellt eine Weltbestzeit auf, gewinnt souverän Gold. Souverän liegen die Deutschen bei 1.500m vor dem Rest des Feldes. Polen greift auf dem letzten Abschnitt an, der Vorsprung schmilzt, Polen ist 200m vor dem Ziel wieder dran, sind gerade am Heck der Deutschen. Mit knapp einer Länge Führung passiert es dann.

Platz fünf statt der angestrebten Medaille für den Frauen-Doppelvierer. Bild: D. Seyb
Erst ein Krebs, der kostet ein bisschen, dann noch einer, der bringt die Polen fast gleich auf, dann direkt noch ein größerer dritter. Nun ist Polen vorbei und Australien schließt auch auf, Italien auch. Die Deutschen sprinten wieder los, müssen aber das Boot erst wieder in Fahrt bringen, das dauert. Es geht um Bronze, aber es klappt am Ende nicht. China vor Polen vor Australien. Italien 2/10tel Sekunden auf dem vierten Platz vor Deutschland. Das heißt, 5. Platz vor Holland mit nur 2 Sekunden Rückstand auf Silber. Drama pur. Ein Schock. Welch eine Enttäuschung. Sportlich alles richtig gemacht, Silber herausgefahren und dann in den Wellen hängen geblieben. Ja, ein technischer Fehler, vielleicht schlecht reagiert und noch mehr Krebse bekommen, schwer zu sagen… viel wahrscheinlicher aber, war es einfach einer der Zufälle, die man bei diesen Bedingungen erleben kann. Bei 240 Schlägen mal sechs Booten besteht unter diesen Bedingungen eine zu hohe Wahrscheinlichkeit für so einen Zufall. Nicht gut für die wichtigste Regatta. Hätte man doch bloß nicht den Tag verschobe, hätte man doch besser heute rechtzeitig abgebrochen....Shit happens, as they say.
Norweger kentern im leichten Männer-Doppelzweier
Im leichten Männer-Doppelzweier stand für Osborn/Rommelmann das Halbfinale an. Bahn 4 als Vorlaufsieger, neben den Mit-Favoriten Norwegen. Schon nach 500m wird es holprig, viele Titscher, Klare Führung schon nach 600m, eine Länge vor Norwegen, deutlich vor dem Feld kontrollieren sie das Geschehen. Das ist ideal bei diesen gefährlichen Verhältnissen, kein Druck. Und dann fahren sie mit dem Streckenschlag noch 2 Längen Wasser raus, sehr stark, ein gutes Polster für etwaige Krebse. Norwegen kämpft, den zweiten Platz vor Tschechien und Polen zu halten. Nur die ersten drei kommen weiter. Und dann passiert es, bei 1.500m kentern die Norweger…. das Unfassbare passiert… die Norweger schwimmen neben ihrem Boot. Die Deutschen sind nun Gold-Favoriten, zusammen mit Irland, die im anderen Halbfinale eine neue Weltbestzeit aufstellten.
Der Hoffnungslauf im Männerachter war weniger von Wind und Welle betroffen, denn die großen Boote sind in den Bedingungen resistenter. Australien hatte zwar einen katastrophalen Start, konnte sich aber erholen und Rumänien scheidet am Ende klar aus, ohne Gegenangriff, ohne Chance. Hier war der Bahnnachteil auch wieder beobachtbar. Neuseeland macht den stärksten Eindruck. Sie überholen GBR, die am stärksten losgefahren sind. Die USA rudern auf Höhe von GBR ins Ziel, beide eine halbe Länger hinter Neuseeland. Holland und Deutschland werden sich auf der Strecke und Richtung Ziel auf Neuseeland aufpassen müssen, GBR vor allem vorne mitfahren. Australien sieht als einziges Boot nicht so aus, als ob sie mit den Medaillen zu tun haben werden. Das große Finale schließt die olympische Regatta am Freitag ab.
Im Männer-Einer steht für Oliver Zeidler im zweiten Halbfinale (04:10 Uhr) auf Bahn 3 eine erste echte Probe an. Mit Sverri Nielsen hat er seinen Lieblingsgegner auf Bahn 4 neben sich. Sie werden versuchen, das Feld zu kontrollieren, die ersten drei kommen ins Finale A. Dies könnte der Grieche, Stefanos Ntouskos sein, der immer sehr schnell auf der ersten Hälfte ist, oder auch der Russe, Alexander Vyazovkin, der bei der Qualifikationsregatta überragend vorneweg fuhr. So lange die beiden Gold-Favoriten, Nielsen und Zeidler, das Feld anführen können, wird es keine Überraschung geben und statt dessen könnte es zwischen den beiden ein taktisches Duell um den Sieg im Halbfinale geben.
Es ist aber auch abzuwarten, ob nach dem Sturm wieder ein starker Wind oder das heiß-schwüle Klima entscheidend Einfluss ausüben werden. Dem technisch starken und behenden Griechen käme es entgegen, wohl auch dem Aussenseiter aus Japan, Ryuta Arakawa, aber dem amtierenden Welt- und Europameister Oliver Zeidler sicher nicht.
Im anderen Halbfinale ist der dritte Gold-Kandidat Kjetil Borch aus Norwegen, dem Sieger unter diesen drei Gold-Favoriten beim letzten Weltcup im sehr welligen Sabaudia, der klare Favorit.
Der zweite von Rio 2016, Damir Martin aus Kroatien, der als Sieger seines Viertelfinals ebenfalls eine Mittelbahn hat, wird wohl von Litauen, Brasilien und Kanada unter Druck kommen. Hier könnte es einen überraschenden Qualifikanten für das Finale A geben.
Michael Buchheit
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