Letzte Kilometer auf dem Ratzeburger See
Ob die Ruderinnen und Ruderer der Olympiamannschaft des Deutschen Ruderverbandes (DRV) so etwas wie den Geist von Ratzeburg verspürten ist nicht überliefert. Fakt ist: Alle haben in den Tagen der Unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV, zweiter Teil) auf dem Ratzeburger See bei teils widriger Witterung noch einmal ordentlich geschuftet. Ab Montag geht es dann Richtung Paris, Richtung Olympische Spiele.
Sieben DRV-Boote haben sich bekanntlich für die Spiele qualifiziert. Bis auf Olli Zeidler gilt es für alle anderen zunächst, die Vorläufe (und gegebenenfalls) die Hoffnungsläufe zu überstehen und die Halbfinales zu erreichen. Ziel aller ist es mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, die A-Finals fahren zu dürfen. Einmal dort angekommen, ist immer viel möglich, wenngleich in manchen Bootsklassen die Gold-Favoriten festzustehen scheinen.
Der Eiffelturm thront über den Spielen von Paris. Foto: J. Rzepka
Der DRV setzt allen voran natürlich auf Olli Zeidler, der sich als einziger nicht in Ratzeburg, sondern daheim in München auf der Olympia-Anlage in Oberschleißheim vorbereitet und zuvor bereits das Pariser Wasser getestet hatte, kurz bevor die Olympiastrecke vor den Spielen gesperrt wurde. "Wenn ich jetzt in München trainiere, stelle ich mir vor, ich würde schon in Paris fahren", erklärt Zeidler einen mentalen Kniff. Zuvorderst versucht er sich nicht von Medaillenträumen irritieren zu lassen, sondern will vielmehr seinen Rennplan, den er mit seinem Vater und Trainer Heino erarbeitet hat, möglichst optimal umsetzen.
Zeidlers erster und wohl härtester Konkurrent dürfte der Niederländer Van Dorp sein, der ihn in Luzern nach einem harten Duell bezwang. Beim Weltcup in Varese hatte der Münchner die Bugspitze vorne. Beide kennen und schätzen sich, gratulierten sich gegenseitig nach den jeweiligen Rennen über Social Media. Mal schauen, wer nach dem Finale am 2. August Glückwünsche übermittelt.
Zweites deutsches Boot, dem man am ehesten eine Medaille zutraut, ist der Frauen-Doppelvierer. Die nach einer Verletzung genesene Tabea Schendekehl ist von der Schlagposition auf Ruderplatz zwei gewechselt, am Schlag sitzt nun Pia Greiten. In dieser Formation setzte die Mannschaft beim Weltcup in Poznan mit ihrem Sieg ein Ausrufezeichen.
Auch der Deutschlandachter veränderte die Schlagposition. Schlagmann Hannes Ocik flog aus dem Boot, für ihn rückte Frederik Breuer nach, am Schlag sitzt nun wieder Mattes Schönherr, mit dem das Boot sich bei der Weltmeisterschaft 2023 in Belgrad direkt für die Spiele qualifizierte. Der Verlauf der Olympiasaison war bislang nicht glücklich. Es wird spannend zu sehen, wie weit sich die umformierte Mannschaft in den beiden Trainingslager nach dem Weltcup in Poznan gefunden und idealerweise verbessert hat. Um das Finale von Paris zu erreichen, muss der Deutschlandachter unter sieben gemeldeten Nationen "nur" eine hinter sich lassen. BL