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Jeder kannte den Namen Peter-Michael Kolbe

Verrückt, aufmüpfig, anders, aber erfolgreich

Der Tod von Peter-Michael Kolbe bewegte Ende vergangenen Jahres nicht nur die Ruderwelt. Der Name dieses Ausnahmesportlers ist weltweit bekannt, auch unter „Nicht-Ruderern“. Ich selbst habe einst seinetwegen begonnen zu rudern. Als Knirps habe ich seine epischen Duelle mit dem Finnen Pertti Karppinen auf den Knien vor dem Fernseher verfolgt. Es war die Zeit, als in der Leichtathletik ein Harald Schmid oder Willi Wülbeck ganz vorne mitmischten.

Peter-Michael Kolbe kam bei Ruder-Weltmeisterschaften fünfmal als Sieger ins Ziel. Fast tragisch: Bei Olympia blieb ihm immer „nur“ Silber hinter dem Feuerwehrmann aus Finnland, später hinter Thomas Lange (DDR, heute Vorsitzender des Ratzeburger Ruderclubs). Dazwischen bremsten die Boykott-Spiele von Moskau 1980 den gebürtigen Hamburger aus.

Peter-Michael Kolbe bei der olympischen Siegerehrung mit Pertti Karppinen (re.) 1984 in Los Angeles. Foto: Imago/Horstmüller

Als ich bei meinem Verein in Schleswig-Holstein zu rudern begann, saß ich dann voller Stolz als immer noch kleiner Junge in einem Renneiner, der den Namen „Peter-Michael Kolbe“ trug. Dieses Boot war sogar von ihm selbst getauft worden. Nicht weniger stolz war ich Jahre später, als ich auf der Möllner Langstrecke von einem gewissen Herrn Karppinen überholt wurde. Ich in einem Rennen mit dem legendären Finnen – auch, wenn es in diesem Fall dessen jüngerer Bruder war, der aber ebenso lange, ruhige Schläge setzte und scheinbar mühelos an mir vorbeizog.

Peter-Michael Kolbe, der als Eigenbrötler galt, blieb der Ruderszene auch nach seiner Leistungssport-Karriere treu, stieg immer wieder ins Boot, war bei Regatten vor Ort, immer im Fachgespräch mit Ruderkameraden anzutreffen. 2015 ging er bei der traditionsreichen Regatta „Quer durch Berlin“ mit seinem ehemaligen Widersacher Thomas Lange an den Start und gewann natürlich. Bei so einer Konstellation interessierte sich sogar das Fernsehen einmal für den Rudersport bei einer Breitensportregatta.

In einem Nachruf stand der Satz: „Als Athlet war er als kritischer Geist bekannt, der keiner Diskussion mit den Funktionären des Verbandes aus dem Weg ging, manchmal aber auch eigenbrötlerisch einer eigenen Spur folgend.“ Dieser Satz könnte auch auf einen zutreffen, der heute in der Kiellinie Kolbes rudert. Oliver Zeidler. Er wurde im vergangenen Jahr wie einst Kolbe 1976 „Sportler des Jahres“ in Deutschland. Geschichte wiederholt sich eben doch manchmal oder wird noch größer.

Es ist seltsam. Meist bleiben die Namen dieser Einzelkämpfer im Gedächtnis. Peter-Michael Kolbe, Harald Schmid (der nie seinen Verein TV Gelnhausen verließ, lieferte ebenso große Duelle über 400 Meter Hürden mit Edwin Moses), Andreas Thiel („der Hexer“ im Handball-Tor, mehrfacher deutscher Meister und Pokalsieger, Europapokalsieger), Franz Beckenbauer (der spielende Libero, u. a. Weltmeister als Spieler 1974) sind nur einige Beispiele aus dieser Zeit. Die Besten sind immer ein wenig verrückt, anders, zuweilen aufmüpfig, manchmal ins sich gekehrt, aber auf ihre Art trotzdem oder gerade deswegen erfolgreich. Trainer und Verbände mussten und müssen solche Sportler aushalten. Wie heißt es so schön: Wer Erfolg hat, hat recht.

Selbst zu der Hochzeit der Erfolge dieser Sportler, wie Peter-Michael Kolbe, kannte jeder sie und das ganz ohne Social Media. Kolbe soll einst ja auch in den Fjorden Norwegens trainiert haben. Fraglich ober er dort ein Netz gehabt hätte. Bert Langbehn

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