Regatta & Wettkampf

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Sand, Meer,….Coastal

Schnelle Sprints und lange Rennen auf dem Atlantik standen innerhalb von zehn Tagen im portugiesischen Oeiras auf dem Plan: Beach Sprint Finals und Coastal Championships: ein großartiger Mix aus Action und Ausdauer.

Das letzte Mal ausgetragen wurden die Weltmeisterschaften im chinesischen Shenzen (Sprints) und in dem Hafen von Hongkong (Coastals). In Portugal, nahe der Hauptstadt und im Schatten einer riesigen Festung, die dem Verteidigungsministerium als Amtssitz dient, konnte nun wieder beides am selben Ort angeboten werden, denn Strand gibt es rund um die Hauptstadt genug. Und wären nicht die Rennen gewesen – man hätte es klar mit schönen Urlaubstagen verwechseln können. Der Spätsommer meinte es mit bis zu 10 Stunden Sonnenschein am Tag und Temperaturen zwischen 24 und 27 Grad sehr gut mit den Athleten.

Die Beach Sprint Finals brachten den Sand zum Kochen

Schnelligkeit ging vor: Zuerst traten die reinen Nationen gegeneinander an: Ein Boot pro Verband und Bootsklasse, 27 Nationen, 104 Boote und insgesamt 185 Ruderinnen und Ruderer. So viel zur Statistik, die dann in die Praxis ging. Dafür braucht man am Strand allerdings viel Technik, die nicht zur normalen Ausrüstung eines Badeurlaubers gehört. So hatten die Organisatoren mit einer Flut von Helfern, unter anderem Volunteers aus mehreren Schulklassen, den Start- und Zielbogen gebaut, ein Con-
tainer-Hauptquartier für Zeitnahme, Videoregie und Moderation daneben errichtet, alle Bereiche für Sportler und Zuschauer eingeteilt und die Bojen zum Wenden gesetzt. Das wichtigste Instrument aber ist bei einem Beach Sprint der Buzzer, zu dem bei den oft engen Finishs die Sportler quasi geflogen kamen, wenn sie sich im Schlussspurt in den Sand und auf den Buzzer schmissen.

Das sind natürlich spektakuläre Bilder, und da bei 250 Metern Strecke im Slalom, mit Wende und zurück das ganze Geschehen auch ohne Fernglas vom Strand aus verfolgt werden konnte, ist dieser Veranstaltungsmodus äußerst publikumsfreundlich. Nach den Time Trials und Hoffnungsläufen am ersten Tag wurden die Endrunden an den beiden Folgetagen ausgetragen, jeweils mit einem 1:1-Duell in den Viertel- und Halbfinals sowie Finale B und A. Für Deutschland war im Juniorenbereich bereits in den Viertelfinals Endstation, die Senioren schieden schon vor der Endrunde aus. Die starken Nationen des ersten Tags waren die Franzosen mit viermal Silber, Spanien mit zweimal Gold, Tunesien und die Gastgeber aus Portugal mit je einmal Gold und Bronze. Am Sonntag war es in den fünf Rennen deutlich gemischter mit den Nationalhymnen von Schweden, Kanada, Frankreich, Spanien und Italien.

Der lokale DJ brachte den Sand zum Kochen und die Sportler gaben alles; leider waren offiziell am Gelände keine Zuschauer zugelassen, sodass es zwar Zaungäste von ferne gab, aber keine große Ansammlung vor der Bühne am Start und Ziel. Trotzdem feierten sich die Teams einfach gegenseitig und tanzten ausgelassen im Sand. Und auch ein ganz großer Name war am Start: Olympionike Kjetil Borch trat im Einer für Norwegen an, wurde aber im Finale vom Italiener Giovanni Ficarra geschlagen und gewann damit nach Tokio erneut Silber.

Bei den Costal Championships wurde es laut am Strand

Das Rennen der Clubs für ihre Nation auf der Langstrecke beherrschte die zweite Woche. Montag bis Mittwoch dienten dem Training, dann ging es aufs offene Wasser hinaus, an den Wendebojen vorbei die Linie des Nachbarstrandes entlang und um die Festung herum wieder zurück zum Praia der Torre. Vier Kilometer in den Vorrennen, sechs in den Finals, in denen bis zu 20 Boote gleichzeitig auf die Strecke gelassen werden. Mangels Strand in Hongkong und diesmal aufgrund hoher Wellen in Oeriras wurden die Rennen bei den Vorläufen vom Wasser aus gestartet. Hier legen sich die Boote vor der Linie bereit und warten auf das Startkommando. Eine schwierige Situation, denn gerade ein großer Doppelvierer ist schwer zu manövrieren, und so fängt man sich schon schnell eine Strafe für zu frühes Überqueren der Linie ein. Leichter war es an den beiden Folgetagen mit den Starts vom Strand, wobei die Boote gehalten werden und die Athleten beim Signal einsteigen. Paradoxerweise gab es aber gerade hierbei mehr Fehlstarts als auf dem Wasser – vielleicht durch übergroße Motivation.

Durch das Ziel wurde diesmal gelaufen, vom Boot auf den Strand mit einem Sensor am Knöchel und beklatscht von den vielen zum Zeitpunkt der Finals schon „arbeitslosen“ Mannschaftskameraden und anderen Teams, die zahlreich waren, denn es hatten hier 342 Boote aus 34 Ländern gemeldet, sodass es laut wurde am Badestrand. Auch in diesen Disziplinen gibt es für Deutschland nicht viel zu vermelden, nur im Männer-Einer holte Ex-Weltmeister Eduardo Gabriel Lineres Ruiz für den Berliner Ruder-Club die Silbermedaille.

Vize-Weltmeister Lars Wichert hatte bei seinem Finallauf Pech: Nach knapp 1.000 m rutschte sein Skull bei der Wende unter das Boot und brach. Auch der Ausleger nahm Schaden, sodass der dreimalige Leichtgewichtsweltmeister das Ziel nicht erreichte. Seine Clubkameraden vom RC Allemannia aus Hamburg waren zwar wieder in großer Zahl angereist, aber die Alsterruderer mussten dieses Mal den doch ungewohnten Wellen Tribut zollen.

Überhaupt waren die Langstrecken-Rennen mehr ein Zweikampf zwischen den Teams aus der Ukraine und Spanien: Die Ukraine legte im Frauen-Doppelvierer mit Gold vor (Bronze Spanien). Im Doppelzweier gab es kein Boot der Ukraine, Spanien kam auf Rang 3. Dafür verpasste Spanien im Frauen-Einer die Punkteränge (bestes Boot Rang 9), die Ukraine gewann Bronze. Doppelschlag mit Gold und Bronze für die Ukraine im Frauen-Doppelzweier, Spanien dahinter auf den Rängen 4, 5 und 8. Bis dahin also fast Punktegleichstand, dann kam der Einer und Spanien belegt neben dem gebürtigen Peruaner Ruiz das komplette Podest. Im Männer-Doppelvierer sicherte sich die Ukraine noch einmal Gold, aber da der gemischte Doppelzweier komplett an drei Teams aus Spanien geht, war der Sack damit zu und Spanien gewann die Gesamtwertung.

Spannend und schön war es also, mit einer zauberhaften Kulisse, einem Rekord-Meldeergebnis und einer rundum guten Organisation. Schade nur, dass nicht alle Nationen dieser Welt auch gute Trainingsreviere haben, vor allem natürlich die Binnenstaaten. So müssen sie auf flacherem Wasser üben oder in Trainingslager verreisen, was denen, die es täglich tun können, sicher einen Vorteil verschafft. Und wie sieht die Zukunft aus? Im kommenden Jahr geht es nach Wales, das bedeutet nach aktuellen Temperaturen eine Küstenmeisterschaft im Neopren-Anzug. Ob das zu einem weiteren Melderekord reicht, bleibt abzuwarten. Aber da Ruderer hart im Nehmen und die Küstenspiele nach den Olympischen Spielen von Paris nun doch olympisch werden sollten, wird es hier zu einer „Professionalisierung“, aber vor allem auch zu einer Qualifikation kommen. Da es diese bislang nicht gab, war die Coastal-Welt auch diesmal noch vielfältig und bunt.

Michael Hein

 

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